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Der Schmutterweiher und die Kapelle
Maria Sieben Schmerzen und dem Heiligen Grab

Wer von Füssen über Roßhaupten nach Lechbruck fährt, kommt an der Kapelle in Sameister vorbei. Das Geburtshaus des Allgäuer Barockbaumeisters Johann Jakob Herkomer ist heute eine gemütlicher Gasthof. Der Schmutterweiher liegt etwa 700m südlich und man kann bis zum Bade-Kiosk mit dem Auto fahren.

     

Text von Klaus Wankmiller; Allgäuer Freizeit vom 15. März 2005 / Nr. 61

Sameister
Wer von Roßhaupten nach Lechbruck fährt, erreicht nach etwa der halben Strecke den Ort Sameister mit seiner Kapelle Mariä Sieben Schmerzen und vom Heiligen Grab. Der Sakralbau ist ein Frühwerk von Johann Jakob Herkomer – ein Stück italienischer Frühbarock im Allgäu. Der Baumeister ist in seiner Kapelle auch begraben. Aber nicht nur deswegen lohnt sich ein Besuch dieses Kleinods, es ist nämlich auch die einzige »Schlupfwallfahrt« in der näheren Umgebung. Der Wallfahrer, der in der Fastenzeit das dortige Heilige Grab besuchen will, muss durch den niedrigen Eingang »schlüpfen« um Buße zu tun.

 
Dieses Schlupftürchen ist nur ca. 1.20m hoch. In dem kleinen Raum haben maximal 3 Leute Platz. An der Westwand hängt ein Reliquienschrein. Rechts das heilige Grab.

Das Heilige Grab

Hinter dem Altar der Kapelle in Sameister befindet sich eine quadratische Heilig-Grab-Kapelle mit einer Besonderheit. Der Eingang besteht aus einem niedrigen Tor mit Gitter. Die Pilger, die dieses Grab aufsuchen wollten, mussten kurz vor ihrem Ziel sich noch einmal verbeugen und auf die Knie gehen. So etwas nennt man eine »Schlupfwallfahrt«. In dieser Kammer liegt ein Grabchristus (um 1690), der Lorenz Luidl zugeschrieben wird.

Ein erhaltenes Kapellentagebuch, das Herkomer selbst anlegen ließ, gibt Auskunft über zahlreiche Gläubige, die vor allem im 18. und 19. Jahrhundert hier Hilfe suchten. Diese interessanten Aufzeichnungen über verschiedene Wunder waren lange Zeit im Benefiziantenhaus neben der Kapelle aufbewahrt, das ebenfalls in der Zeit um 1715 gebaut wurde.

 

Johann Jakob Herkomer

Laut einer Eintragung in einem nachgeschriebenen Taufbuch von Roßhaupten wurde Johann Jakob Herkomer am 3. Juli 1648 geboren. Er selbst gibt sein Geburtsjahr jedoch mit 1652 an. Seine Eltern betrieben eine Wirtschaft in Sameister, die zugleich Thurn-und-Taxis’sche Poststation war. Er wuchs mit sechs Geschwistern auf, doch wissen wir nur wenig über seine Schul- und Lehrzeit. Hinweise deuten darauf, dass er eine Lehre bei dem aus Lechbruck stammenden Jörg Knappich in Augsburg absolvierte. In Italien stand zu dieser Zeit das Barock in voller Blüte. Deswegen reiste auch Herkomer dorthin, wo er mehrere Jahre in Belluno und Venedig für die Patrizierfamilie Collalto arbeitete. Sein großes Vorbild war der oberitalienische Architekt Andrea Palladio. Als er 1685 von Italien zurückkehrte, begann er sogleich mit dem Bau der Kapelle neben dem Gasthaus seiner Eltern. Diese diente nicht nur als Grablege für seine Familie, sondern war auch eine Art Musterbau um zu zeigen, wie Herkomer als Architekt, Freskomaler und Stuckateur zukünftig seine Aufträge ausführen wollte. Sein »Markenzeichen« sind die dreigeteilten Fenster im halbrunden Bogen, die bereits die Römer in ihren Thermen verwendet hatten und im oberitalienischen Barock von Palladio wieder die Gebäude schmückten. Herkomer wurde schon bald mit vielen Aufträgen in der näheren Umgebung überschüttet.

Seine größten und bekanntesten Werke sind das Kloster und die St.-Mang-Kirche in Füssen. Seit 1698 wurde am Kloster gebaut, am 10. Mai 1701 erfolgte die Grundsteinlegung für die Kirche. Der Rohbau war 1715 fertig. Rätselhaft bleibt bis heute, warum die Kirche am 15. Februar 1717 vorzeitig geweiht wurde, obwohl sie bei weitem noch nicht fertig war.

Wollte man dies zu Ehren des kränkelnden Meisters tun? Den Sommer 1717 verbrachte Herkomer in Innsbruck, wo er den Auftrag für den Neubau des Doms St. Jakob erhielt. Im Herbst kam er nach Füssen zurück. Am 24. Oktober 1717Zempfing er in seinem Zimmer im Kloster in Anwesenheit des gesamten Konvents die Sterbesakramente. Drei Tage später verstarb er. Sein Leichnam wurde nach Sameister überführt und in der Kapelle beigesetzt.

Die Kapelle
Grabstätte des Allgäuer Barockbaumeisters Johann Jakob Herkomer

 

1685 stiftete Isaak Herkomer die Kapelle zu den Sieben Schmerzen Mariens und vom Heiligen Grab in Sameister, mit deren Bau sein Bruder Johann Jakob noch im gleichen Jahr begann. Schon von weitem erkennt man die typischen »Thermenfenster«. Die Kapelle hat den Grundriss eines griechischen Kreuzes, das nur an der Altarseite durch die Grabkapelle verlängert ist.

  

Die Weihe erfolgte 1688. Herkomer fungierte hier nicht nur als Baumeister. Das Altarblatt mit der Heiligen Familie und den Heiligen Sebastian und Antonius und die beiden großen italienisch anmutenden Bilder an den Seitenwänden mit der Kreuzabnahme (rechts) und den Frauen am Grab (links) stammen angeblich von ihm. 

An der Rückwand befinden sich zwei Portraitbüsten aus Sandstein mit Herkomers Bruder Isaak und ihm selbst. Der Künstler stellt sich selbst mit Palette, Hammer, Meißel, Richtschnur und Zirkel dar. Diese Werkzeuge sind auch auf seiner Grabplatte, die heute unter den Kirchenbänken ist, zu sehen.

  

1692 vollendete Herkomer die Fresken in der Kapelle, von denen vor allem das große Kuppelfresko mit der Krönung Marias und den Namenspatronen von Herkomers Eltern und Geschwistern ins Auge des Betrachters fällt: Barbara, Sabina, Regina, Georg, Balthasar, Christoph, Jakob, Isaak und Johannes der Täufer.

    

Sagen aus Sameister

Von mehreren Kirchen und Kapellen im Allgäu gibt es Sagen von »Luftsteinen«, die der Teufel einbauen ließ. Diese »Luftsteine« konnten jederzeit eine Kapelle zum Einsturz bringen.

Dies soll auch in Sameister der Fall gewesen sein. Ein italienischer Arbeiter, den Herkomer aus Oberitalien mitbrachte, soll einen solchen Stein im Auftrag des Teufels für viel Geld eingebaut haben. Weil Herkomer jedoch als sehr gläubiger Mann bekannt war, wurde ihm dies offenbart und er konnte diesen gefährlichen »Luftstein« rechtzeitig entfernen. Der italienische Arbeiter verschwand bei Nacht und Nebel. Am Tage der Kapellenweihe wurde er jedoch von einer schrecklichen Krankheit befallen, als ob ihn der Teufel mit seinen Krallen zerfleischen wollte. Er hätte nicht überlebt, wenn nicht der Baumeister selbst für ihn gebetet hätte. Angeblich soll aus diesem Übeltäter noch ein rechtschaffener Mann geworden sein.

  

Spuren der Römer sind auf dem nahen Auerberg zu finden. Eine Sage berichtet uns, dass früher der Auerberg wesentlich höher war und auf seinem Gipfel ein heidnischer Tempel stand. Als die Gegend christianisiert wurde, rutsche dieses Gebäude, in dem die Ungläubigen noch weiter die alten Götter verehrten, mitsamt dem Gipfel herunter und versank im großen See an der Südseite des Auerberges. Durch die gewaltigen Massen verlandete der See fast vollständig. Von diesem Gewässer blieben nur die vielen kleinen Weiher in der Gegend um Sameister übrig. Die Überreste des Tempels sollen angeblich im heutigen Sameisterweiher zu finden sein.

In der alten Schmiede in Sameister hauste früher lange Zeit der Wunderdoktor »Frastini«, der aus Tierhäuten eine Wundersalbe gegen Pest und Viehseuchen herstellte. Als er eines Tages auf wundersame Weise verschwunden war, hinterließ er den dortigen Bauern ein Fläschchen mit einem merkwürdigen Pulver. Wenn man von diesem etwas in die Luft stäubte, verwandelte sich eine sumpfige Wiese in fruchtbares Ackerland. Vielleicht sind deswegen viele ehemals feuchte Wiesen heute trocken und als Weideland zu nutzen.

Unweit des Weilers Sameister findet man auch heute noch Überreste der römischen Staatsstraße Via Claudia Augusta. Vermutlich verlief auch im Mittelalter noch eine wichtige Straßenverbindung von Nord nach Süd durch das heutige Sameister, denn der 1287 erstmals erwähnte Ortsname lässt sich von »Saumstation«, also einer Pferdewechselstation ableiten. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war dort auch eine Poststation, wo die Pferde gewechselt werden konnten.

Text/Bilder: Klaus Wankmiller

  

     

  

  

  

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